Beschreibung
Die geistesgeschichtliche Studie zum Auserwähltheitsglauben des deutschen Geistes untersucht Luthers Kampf gegen „Juda und Rom“ als Grundlage der Revolutionierung des Glaubens und Denkens in Deutschland und als Voraussetzung für die Transformation einer am göttlichen Sein orientierten zu einer am Subjekt orientierten Theologie, für die Transformation einer am Naturrecht orientierten zu einer konsequentialistischen Ethik und einer positivistischen Rechtsauffassung. An die Stelle des An-sich-Seins der Dinge tritt in der deutschen Geistesgeschichte das sich selbst reflektierenden Subjekt. Aussagen über Reales gelten für den deutschen Geist als Produkt des Menschen bzw. der Gesellschaft. Nach Grillparzer betrachten „die Deutschen Gott als ihr Werk und nicht sich als seines.“ Die Idee eines sich selbst glaubenden Glaubens, eines sich selbst denkenden Denkens, eines sich selbst fühlenden Fühlens, eines sich selbst wollenden Wollens legte die Basis für ein rein an der Immanenz orientiertes Denken. Der Blick richtete sich nicht mehr auf das ewige Leben, sondern auf eine in der Zukunft zu schaffende neue Zeit. Daher ist es nicht verwunderlich, dass führende Vertreter des Protestantismus die biblische Botschaft für vereinbar hielten mit den politischen Religionen der Neuzeit, sei es der Rassen- oder Klassenlehre oder heute der Geschlechterlehre des Genderismus. Mit der Beseitigung der Weltherrschaft des Katholizismus bzw. des Judentums, des Kapitals oder des Patriarchats hofft der deutsche Auserwähltheitsglaube seit Luther auf die Schaffung einer neuen Weltordnung.